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    KI und EXTRAGUARD

    Andreas Marmsoler

    KI und EXTRAGUARD 

    Zwei Herzen schlagen in meiner Brust: Künstliche Intelligenz (KI) ist gefährlich denn man kann nicht mehr unterscheiden, ob etwas wirklich von einem Menschen erschaffen wurde oder nicht. KI eröffnet, aber auch unglaublich viele Möglichkeiten, erweitert geistige Horizonte und inspiriert. Ja was denn nun: ist KI also gut oder böse? Mein Fazit nach einem Gespräch mit Cornelius Waiblinger, Geschäftsführer bei AI Alanis, lautet: es hängt davon ab, was man damit machen möchte, oder wie meine Kollegen aus der Forschung sagen würden „it depends“. Cornelius hat im Auftrag von GORE-TEX Professional das KI-Programm mit der innovative Obermaterialtechnologie EXTRAGUARD gefüttert. Diese ist so revolutionär, dass es für KI Designvorschläge geradezu prädestiniert ist. Herausgekommen sind erstaunliche Designinspirationen.
    Cornelius ist von technischen Dingen extrem fasziniert. Bereits nach seinem Studium der Medienkunst hat er sich mit experimentellem Design und Videoinstallationen selbständig gemacht und seit letztem Jahr beschäftigt er sich mit „KI im Design“, einer völlig neuen Art der Bildgeneration. „Das Unglaubliche ist, dass man mit einer Texteingabe ein fotorealistisches Bild erschaffen kann. Es erlaubt einem in der Ideenkreation alles. Man muss kein Fotograf oder Designer sein. Man kann einfach aus ‚Nichts‘ ‚Etwas‘ erschaffen“, so Cornelius. 
    Wie aus nichts etwas entsteht, zeigt Cornelius dann umgehend live an seinem Laptop. In das KI-Programm gibt er zunächst einfach nur das Stichwort „Schuh als Foto, keine Zeichnung“ ein und innerhalb von 30 Sekunden erscheinen am Bildschirm vier verschiedene Schuhmodelle. Tatsächlich sehen die Modelle aus als würden sie tatsächlich existieren, aber das tun sie nicht. Das ist schon sehr faszinierend in der Tat. „Jetzt könnte man einen dieser Modelle weiter verfeinern, in dem man weitere Stichworte eingibt, zum Beispiel ‚minimalistischer mid-cut Sicherheitschuh. Oder man füttert das Programm mit einem Foto und nimmt das als Startpunkt, um weiter daran zu verfeinern.“ Das neue Ergebnis ist verblüffend: umgehend erscheinen auf dem Bildschirm wieder neue, künstlich erschaffene Modelle.

    Chelsea Boot

    Erstes KI-Projekt: Upcycling einer ausgedienten GORE-TEX Arbeitsjacke

    Noch vor kurzem wurden brainstormings mit Flipchart und Filzstift abgehalten. Unbestritten war die Interaktion mit Associates in so einer Konstellation viel lebendiger und der Austausch direkter. Allerdings gab es auch immer bestimmte Diskussionsmuster und die ‚Schere im Kopf‘ was ‚nicht geht‘ oder ‚partout nicht möglich‘ war. „Mit KI, das auf einfachen und allgemeinen ‚prompts‘ basiert, bei dem man sehr realistische Produkt- und Anwendungsbilder bekommt, kann man Ideen schnell visualisieren. Ob sie tatsächlich realisierbar sind oder nicht, bedarf jedoch weiterhin der technischen Gore bzw. Kunden-Expertise“, sagt Leonhard Schlichting, Business Leader Workwear bei GORE-TEX Professional
    Vor einigen Monaten fragte ein Kunde, „was kann man aus einer alten, ausgedienten GORE-TEX Arbeitsjacke machen?“ Da kam dann die Idee auf, diese Fragestellung von Cornelius mittels KI ausprobieren zu lassen. Das Programm spuckte innerhalb kürzests ein paar Upcycling-Designelemente aus, die dann nicht nur intern, sondern auch beim Kunden für Aufsehen sorgten.
    „In einem nächsten Schritt haben wir das KI-Programm mit der Frage konfrontiert, eine zukunftsgerichtete, moderne Schutzbekleidung mit integrierten LEDs zu erstellen und tatsächlich kamen sehr interessante Designvorschläge heraus“, so Leonhard weiter. „Allerdings ist schon klar, dass man so einfach ein KI-Design nicht umsetzen kann, da benötigt es noch beispielweise Schnittmuster, Labortests oder die Einhaltung von Industrienormen. Für uns ist es reine Inspiration. Wir machen keine Designarbeit für unsere Kunden und wollen schon gar nicht deren Designarbeit wegnehmen, aber wir möchten Kunden inspirieren, ihnen und uns neue Horizonte eröffnen.“

    KI Projekt mit EXTRAGUARD

    All diese ersten Schritte mit KI haben eines klar gezeigt: KI sind keine Design-Grenzen gesetzt und das war damit dann auch der Auftakt für das Projekt ‚KI und EXTRAGUARD‘. Das innovative Obermaterial EXTRAGUARD, das in allerneuesten GORE-TEX Sicherheitsschuhen eingearbeitet wird, ist so revolutionär, dass es für KI Designvorschläge optimal ist. „Das EXTRAGUARD Material bietet unendliche Möglichkeiten im Vergleich zu Leder weil es anders bearbeitet werden kann“, so Cornelius. 
    Auch hier startete Cornelius mit einer Auswahl an Stichworten los und verfeinerte im Laufe des KI Prozesses dann einzelne KI Designvarianten. Insgesamt wurden vier EXTRAGUARD Kategorien mit Stylevarianten entwickelt, alle im Sicherheitsschuhsegment. Chelsea Stiefel, Rigger boots, athletische Sicherheitsschuhe und Gummistiefel – anstatt mit Gummi eben mit EXTRAGUARD Material. „Man kann mittels KI viele Designvarianten erschaffen, wenn man allerdings die Sohle in einer bestimmten Variante beibehalten möchte, dann muss man das per Photoshop nachbearbeiten“, meint Cornelius. „Dasselbe gilt auch für den GORE-TEX Schriftzug auf dem Schuh, den ich nachträglich eingefügt habe.“ Somit geht also nicht alles was man möchte. 

    rubber bootAus unzähligen Bildern haben in folge Gore Associates eine Vorauswahl getroffen. „Wir haben diese KI Designs im Anschluss dann den erfahrenen GORE-TEX Professional Schuhmeistern Rainer Geiger und Helmut Klug gezeigt. Es war sehr aufregend, Schuhdesigns, die nicht existieren, mit ihnen zu diskutieren, gerade weil die KI Designs ganz anders waren als bisherige, bekannte Schuhdesigns. Ein Highlight für mich war das Feedback ‚das ist eine interessante Lösung, die könnte funktionieren, das haben wir so noch nicht gedacht und damit haben wir eine Idee bekommen, wie man einen Schuh anderes durchdenken kann‘“, freut sich Cornelius.

    KI Designs: Chance und Risiko 

    rubber bootVon Kundenseite gibt es sehr großes Interesse, wie die KI Designs von Sicherheitsschuhen aussehen. Allerdings gibt es – zu Recht, wie ich meine – auch große Befürchtungen. Insbesondere Designer sehen diese Entwicklung kritisch. „Wir haben auch in der Vergangenheit kritische Stimmen bei Designvorschlägen ohne KI Einfluss bekommen. In Summe aber haben die positiven Aspekte der Vorschläge inspieriert und wurden zum Teil auch von diversen Kunden umgesetzt. Unser Ziel war es jetzt, KI Designs und Bildmaterial zu generieren, um Diskussionen für neue GORE-TEX EXTRAGUARD Styles anzustoßen und ich bin schon gespannt darauf, wie die Reaktionen diesmal ausfallen werden“, erklärt David Bastias, verantwortlich für das strategische Marketing Footwear bei GORE-TEX Professional.
    Auch Cornelius sieht beim Einsatz von KI Licht und Schatten. „Alles Kreative ist erstmal eine große Bedrohung für Designer und Künstler, weil man einfach neue Ideen visualisieren kann. Deep fakes sind eine Gefahr, denn man kann kaum unterscheiden was ist original oder nicht. Das ist ein riesiges Problem. Die KI Idee bedient sich unendlicher Ressourcen, die das menschliche Gehirn weitaus übertreffen. Ich selbst sehe KI Design aber auch als große Hilfe, um komplett neue Wege aufzuzeigen und bestehende Muster zu überwinden. Aus meiner Sicht überwiegen bei diesem Projekt die Chancen und Möglichkeiten, Ideen zu visualisieren“, sagt Cornelius.
     

    Andreas Marmsoler

    Global Strategic Marketing - Defence

    Andreas, Global Strategic Marketing Defence at GORE-TEX Professional, was responsible for PR & Sustainability Communication in several roles at W. L. Gore & Associates. He is curious about how the technologies work in practice and passionate about sustainability. In his spare time he enjoys alpine or cross-country skiing, hiking and trail running and testing GORE-TEX products. We look forward to exciting posts on the GORE-TEX Professional blog.

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